Dienstag, 30. November 2010

13.08.2010: Les Abrets - Oyeu (22,5 km)

3. Reise/14. Tag

Magdalena jammert heute in einem fort. Und trödelt. Ich kann ihr ja nicht böse sein, aber eines macht mich immer wieder aufs Neue fertig: Je langsamer sie vorwärts kommt - mitunter schlurft sie schon in Schlangenlinien über den Weg - desto schneller wechseln ihre Entscheidungen. Im Fünf-Minuten-Takt will sie einmal unbedingt innerhalb kürzester Zeit in Le Puy sein und längere Etappen laufen und dann wieder will sie den Weg abbrechen und nach Avignon fahren - "noch ein bisschen Urlaub machen".

Einmal schaut sie mich mit großen Augen an und sagt: "Du willst das hier wohl wirklich."

Ich weiß nicht, Magdalena. Eines wird mir jedenfalls immer klarer: DU willst das hier NICHT wirklich. Aber es geht mich nicht im Entferntesten etwas an.

Irgendwann bleibt sie ganz stehen und ich gehe langsam weiter. Wenn du dich alleine fühlst, legst du einfach einen Zahn zu, dann hast du mich wieder, sage ich. Als ich leichten Schrittes weitergehe, fühle ich mich kurz, als hätte ich mein Hundchen in einer fremden Umgebung ausgesetzt und hilflos sich selbst überlassen.

Aber dann nimmt mich die Schönheit des Weges mit auf eine wunderschöne Reise durch diesen Tag und etwas trägt mich, weiter und weiter, die Haare im Wind, die Sonne auf der Haut.

Die Zeit vergeht wie im Flug. In Le Pin lege ich mich auf eine Mauer und beschließe, auf Magdalena zu warten. Als sie nach mehr als einer Stunde noch immer nicht da ist und auch keiner der vorbeikommenden Pilger sie gesehen hat, packe ich meine sieben Sachen und mache mich erneut auf den Weg. Ich habe von diesem winzigen, sehr einfachen Campingplatz in Oyeu gelesen - etwas abseits vom Weg - und irgendetwas zieht mich dort hin.

"Meiner" für eine Nacht ;-)
Und dann komme ich in der Abendsonne dort an. Was für ein kleiner, versteckter Platz, was für Menschen, was für eine Atmosphäre. Es stehen nur wenige Caravans hier, mit viel Platz und Grün dazwischen. Alles ist einfach, fast spartanisch, in der Dusche gibt es nur kaltes Wasser - aber es gibt eine Waschmaschine und ich habe einen riesigen alten Caravan ganz für mich alleine.

In dem kleinen Laden in Oyeu gibt es nur Brot und Käse, Schokolade und etwas zu trinken, aber ich bringe meine Einkäufe wie Schätze in den Caravan zurück, mache mir eine heiße Tasse Tee und fühle mich warm und geborgen.

Magdalena ruft an - sie ist mit anderen Pilgern in Le Pin geblieben. Sie ist guter Dinge und kocht Spaghetti.

Alles ist gut.

Soundtrack of the day: Fleetwood Mac - Sara

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen